Nachwuchsforschungsgruppe der Hans-Böckler-Stiftung

Jana Berberich und Max Laube veröffentlichten in der "Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (MSchrKrim, Heft 1/2022) einen Beitrag, der die Wandlungsprozesse im Deliktsfeld rechts motivierter Brandstiftungen in Deutschland im Zeitraum von 2010 bis 2017 analysiert. Der Fokus liegt hierbei auf Tatverdächtigen bzw. Täter*innen und es wird der Frage nachgegangen, wie sich der Wandel der Täter*innenstruktur in den vergangenen Jahren im genannten Deliktsbereich konkret ausgestaltet hat. Als empirische Bezugspunkte dienen zwei Forschungsprojekte, die sich mit unterschiedlichen methodischen Zugängen – einerseits der statistischen Analyse von Tatverdächtigendaten der Polizei (Dissertationsprojekt von Max Laube), andererseits der auf Täter*innen bezogenen Aktenanalyse (Dissertationsprojekt von Jana Berberich) der Forschungsfrage widmen. Die empirischen Ergebnisse belegen einen drastischen Wandel der Tatverdächtigen- bzw. Täter*innenstruktur insbesondere hinsichtlich der Geschlechter- und Altersverteilung sowie dem Anteil der Gruppentaten im Untersuchungszeitraum.

Nach anhaltender öffentlicher Kritik an den polizeilichen Erfassungskriterien überarbeitete das Bundesinnenministerium im Jahr 2001 die Definition politischer Kriminalität grundlegend. Festgelegt wurde, dass Straftaten nicht nur dann als politisch motiviert gelten, wenn sie sich gegen die politische Ordnung mit dem Ziel der Systemüberwindung richten. Vielmehr handelt sich bei politischen Straftaten auch um solche Delikte, die aufgrund von Vorurteilen des Täters verübt werden. 20 Jahre nach der Reformulierung der staatlichen Definition von politischer Kriminalität möchten wir aus unterschiedlichen Perspektiven auf Hate Crime bzw. Vorurteilskriminalität blicken. Im Rahmen einer digitalen Veranstaltungsreihe im Wintersemester 2021/22 wird die theoretische Tragfestigkeit des Begriffs ebenso diskutiert wie die Folgen des Hate Crime-Konzeptes für die polizeiliche Praxis und die zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung mit rechtsmotivierter Gewalt. Außerdem soll die Reihe Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte bieten.

Für die im zweiwöchentlichen Rhythmus dienstags stattfindende Reihe konnten wir zahlreiche Expert*innen aus der Soziologie, Kriminologie, Rechtswissenschaft und Beratungspraxis gewinnen. Es referieren: Matthias Quent, Judith Porath, Kati Lang,Teresa Koloma Beck, Jonathan Burnett, Eva Groß, Joachim Häfele, Cornelia Weins, Sebastian Gerhartz und Juliana Witkowski.

Die Veranstaltungen finden über die Videokonferenz-Plattform ZOOM statt.
Meeting-ID: 676 0711 4434
Passwort: 372521

Weitere Informationen können dem Programm entnommen werden.


DIENSTAG, 12. OKTOBER 2021 – 18:00 UHR
Was ist Hasskriminalität (nicht)? Soziologische Sortierungen zu einem inflationär verwendeten Begriff
mit Prof. Dr. Matthias Quent

DIENSTAG, 26. OKTOBER 2021 – 18:00 UHR
Hate Crime und rechte Gewalt aus der Opferperspektive
mit Judith Porath & Dr. Kati Lang

DIENSTAG, 9. NOVEMBER 2021 – 18:00 UHR
Motivunterstellung. Gewaltsoziologische Perspektiven auf ein (nicht nur) analytisches Problem
mit Prof. Dr. Teresa Koloma Beck

DIENSTAG, 23. NOVEMBER 2021 – 18:00 UHR
The politics of hate crime in Britain

mit Dr. Jonathan Burnett

DIENSTAG, 7. DEZEMBER 2021 – 18:00 UHR
Hate Town - vorurteilsgeleitete Handlungen in urbanen Räumen
mit Prof. Dr. Eva Groß & Prof. Dr. Joachim Häfele

DIENSTAG, 21. DEZEMBER 2021 – 18:00 UHR
Gewalt und Tatdynamik: Rassistisch motivierte Gewaltkriminalität in Nordrhein-Westfalen
mit Prof Dr. Cornelia Weins, Sebastian Gerhartz & Juliana Witkowski

Hendrik Puls hat in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "CILIP - Bürgerrechte & Polizei" einen Artikel zum Verbot der neonazistischen Gruppe "Combat 18 Deutschland" (C18) durch das Bundesinnenministerium im Januar 2020 veröffentlicht. Vorausgegangen war dem Verbot eine verstärkte öffentliche Debatte über die von C18 ausgehenden potentiellen Gefahren nach der Ermordung des CDU-Politiker Walter Lübcke 2019. In der Neonazi-Szene war "Combat 18" für die Propagierung rechtsterroristischer Strategien bekannt. Im Artikel wird nachgezeichnet, dass die Existenz der Gruppe seitens der zuständigen Behörden über 20 Jahre lang stets verneint wurde, obwohl immer wieder Hinweise auf C18-Strukturen in Deutschland und eine Vernetzung deutscher Neonazis mit ausländischen C18-Gruppen eingingen. Im Artikel wird nicht nur der späte Zeitpunkt des Verbots kritisiert, sondern ebenso die Begrenzung der Verbotsmaßnahmen auf lediglich einen Teil des Netzwerks.

Die Ausgabe 124 von "CILIP - Bürgerrechte & Polizei" kann hier bestellt werden.

 

Der Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte der FU Berlin und die Berliner Landeszentrale für politische Bildung organisieren eine Tagung mit dem Titel "Geschichte gegen Rechts - Gefahrenfelder und Handlungsräume". Neben Analysen des Rechtsextremismus, Alltagsrassismus und institutionellen Rassismus sollen auch Handlungsoptionen gegen diese Phänomene diskutiert werden. Ausgangspunkt ist dabei die Frage, welche Verantwortung Agent*innen historischen Lernens, sei es in der Geschichtsdidaktik als wissenschaftliche Disziplin oder als Praktiker:innen (Geschichtslehrkräfte, Gedenkstättenmitarbeitende, …), in diesem Kontext tragen. Hendrik Puls von der NFG020 beteiligt sich an dieser Tagung mit einem Beitrag zum Thema "Kontinuität rechtsmotivierter Gewalt in Deutschland".

Am 29. Oktober fand die von der NFG020 mit-organisierte Tagung "1980-2020: Die vergessene Geschichte des Rechtsterrorismus" statt. Ursprünglich als Hybrid-Veranstaltung geplant, musste sie aufgrund der aktuellen Pandemie-Entwicklung ohne Präsenzgäste und als reine Online-Veranstaltung stattfinden. 120 Personen aus Wissenschaft, Rechtsextremismusprävention und Journalismus nahmen teil. Nach den beiden Eröffnungsvorträgen von Klaus Weinhauer und Barbara Manthe (beide Universität Bielefeld) folgten drei Panel. Im Panel 1 zu "Gewaltakteur*innen und Strategien" referierte NFG020-Mitglied Hendrik Puls über den rassistischen Anschlag des Helmut Oxner 1982 in Nürnberg. Der Vortrag von Isabella Greif im Panel 3 über die Reaktionen der Bundesanwaltschaft auf den Rechtsterrorismus in den 1980er Jahren musste krankeitsbedingt leider entfallen. Die Tagung endete mit einer Diskussion zwischen Carola Dietze (Universität Jena), Fabian Virchow (Hochschule Düsseldorf) und Tor Einar Fagerland (Norwegian University of Sciene and Technology) über die Schwierigkeiten des Erinnerns an die Opfer rechtsterroristischer Gewalttaten.

Der "Deutschlandfunk" berichtete in der Sendung "Kultur heute" über die Tagung. Der Beitrag kann hier angehört werden.

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